Poltringer Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Poltringer Grenzsteinzeuge“

Poltringer Grenzsteinzeuge aus Ton, ca. 5 cm Kantenlänge, ca. 19. Jahrhundert, Privatbesitz Fam. Wesselmann, Poltringen, Bild: B. Dieter, Mai 2020

Um das Versetzen von Grenzsteinen zu verhindern oder nachzuweisen beziehungsweise Grenzstreitigkeiten zu klären, wurden besonders in Württemberg unter den Grenzsteinen früher sogenannte „Grenz- oder Marksteinzeugen“ oder „Zeugen“ vergraben. Das Wort stammt von dem mittelhochdeutschen Wort „(ge)ziuc“ für „Zeugnis, Beweis“. Jede Gemeinde hatte hier ihr eigenes Motiv.

Von Poltringen ist die untenstehende Art von dreieckigen Tonzeugen mit dem Schlossmotiv erhalten. Es wurde aber auch teilweise statt Tontafeln ein Stück Kohle, Bruchstücken von zerschlagenen Steinen, Dachplatten, Ziegelstücken oder Kieseln – diese mussten an einem Grenzstein zusammenpassen – sowie Glas, Topf- oder Porzellanscherben, Münzen oder auch mit dem Boden nach oben vergrabene Glasflaschen verwendet.

Für das Verlegen der Zeugen unter die Grenzsteine waren die Feldgeschworenen (in Poltringen „Untergänger“ genannt) zuständig. Sie entschieden bei Grenzstreitigkeiten mit Hilfe ihres „Zeugengeheimnisses“ über den Standort eines Steins. Bei der Verzeugung durfte daher außer den Untergängern niemand zugegen sein. Zu ihren Aufgaben gehörte auch der Grenzgang, bei dem in regelmäßigem Turnus der Grenzverlauf abgegangen und Grenzsteine kontrolliert wurden.

Wer einen solchen Poltringer Grenzsteinzeugen aus Ton abzugeben hat oder andere Motive kennt, kann sich gerne beim Autor melden.

Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).

Für die AG „Poltringer Heimatgeschichte“, Boris Dieter

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Die Grenzbeschreibung von 1767“

Eines der ältesten Dokumente im Poltringer Ortsarchiv ist eine Beschreibung der Grenzen der Gemarkung, der Grenzsteine und deren Lage von 1767. Dass es nur wenige Dokumente gibt, die älter als 1800 sind, liegt wahrscheinlich daran, dass es Ende des 18. Jahrhunderts zu einem Brand des Poltringer Rathauses kam, dem wohl leider fast alle Unterlagen und beim Wiederaufbau übrigens auch der früher bestehende Turm des Rathauses zum Opfer fielen.

Abschlussblatt der Grenzbeschreibung mit Bestätigung, Siegeln und Unterschriften von 1767, Ortsarchiv Poltringen, B 39, Bild: B. Dieter, Juni 2020

Aus dem gebundenen Buch, das die handschriftliche und sehr sorgfältige Beschreibung der Gemarkungsgrenzen beinhaltet, finden Sie hier drei Seiten in Abschrift (Textübertragung mit Unterstützung von Joachim Renschler, Ellwangen, und Reinhold Bauer, Entringen), welche die Standorte der Grenzsteine 1 und 67 (von insgesamt etwa 100) bezeichnen und zudem die formelle Abschlussbestätigung der Grenzbeschreibung enthalten:

1. Blatt

Poltringen

Des gemeinen Fleckens allda

gantzen Zehenden -Bezircks

Zwäng und Bänn Beschreibung,

besagend

Den gantzen Um-Krayß desselben

alle Zehend – Stein und Läufer, wo

solche stehen, wie sie gezaichnet,

und wie weit je einer von dem

dem andern entfernet sey.

Nro: 1.

Angefangen wurde, in Zellg Malmen,

im Schopfenloch, bey demjenigen Stein,

so fornen an Friederich Sailers Acker am

Rhein, neben dem Weeg stehet, ist ein

alter gehauener Stein, mit einem dop-

pelten Winckelhacken, gegen Poltringen,

mit einem Eber – gegen Entringen, mit

einer Endten, und gegen Pfäffingen, mit

einem Adler, alß jeden Orths, Wappen

signirt, und mit Nro: 1. Gegen Poltringen

bezaichnet. Und dann von diesem Stein an…….. (Fortsetzung nächste Seite; Randbemerkungen von 1859 nicht übertragen)

2. Blatt

Deß gemeinen Flecken allda.

Zwäng und Bänn

Poltringen Pfäffinger Wald so fort,

zwischen Fideli Kittels von Poltringen

Ludwig Wellhäußers von Poltringen,

dem Wendelsheimer Commun Wald, und

Matthäus Wolffen von Poltringen Wald,

wo dieser viererley Wäldr von Poltringen.

Pfäffingen, Wendelsheim, und Obern-

dorfer Marckung zusammenstoßen,

auf einem ebnen Platz; Ein alter ge-

hauener Stein mit der Jahr-Zahl 1570.

Gegen Poltringen den Buchstaben B. gegen

Pfäffingen dem Buchstaben P. gegen Wendels-

heim ein W. und gegen Oberndorf mit

dem Buchstaben O. bezaichnet; Oberndorf

aber mit einer durchgehenden Kreutz Rinne

und diß ist derjenige Bannstein, wo sich

Pfäffingen von Poltringen gäntzlich

abschaidet: Von diesem Zehend – Stein gehet

es dann nach einem Wenckelhacken

zwischen Poltringen und Oberndorf.

(Randbemerkungen nicht übertragen)

3. Blatt

Poltringen

Deß gemeinen Flecken allda

Zwäng und Bänn

Gegenwärtiger Zehend-Stein, und

Gräntz- schaidungs Beschreibung,

allerseits wohl zufrieden waren, auch

bey der von gemeinschaftlichem-

hochlöbln. hiesigen Orths Resp.

Oberamt geschehenen Publication,

nicht das geringste darwider ein-

zuwenden gehabt, weßwegen sie

auf ein Sölches mit ihren eigen-

händigen Nahmens Unterschriften,

bekräfftiget und geldtend gemacht,

Signatum Poltringen den 1. ten Junii 1767

LINKE SPALTE T. Schultheis und Feldrichtere zu Reisten, Johann Michel Reichert, Martin Buchfink, Hans Jerg Haupt, Hans Martin Bühler, Jakob Bihler

RECHTE SPALTE T. Pfäffingen den 16 Junius, Schultheis und Richter Jakob Hoeckh und Untergänger, Hans Joerg Frauendiener, Hans Jakob Sautter, Jerg Höckh

Texte bei Siegeln am linken Rand:

Ex parte öster. T. Johann Evang. Sallwürkh Depu= … selbst und Poltringer Verwalter (bürgerliche Wappen mit Bündel von drei Säbeln / Ähren o.ä., neben nicht erkennbarer Helmzier Buchstaben F & E)

Ex parte Württemberg/Expedit: Rath und Staabskeller W. J. Herrmann (bürgerliche Wappen mit Stabträger / Fackelträger / Bogenschütze o.ä., Helmzier Geisbock)

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Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Gefallene 1941-45“

Die ersten gefallenen Poltringer gab es erst zwei Jahre nach Kriegsbeginn 1941 (Überfall auf Sowjetunion). Insgesamt gab es 55 Gefallene, von denen aber nur 51 im Heimatbuch von 1971 und nur 54 auf der Gedenktafel in der Aussegnungshalle auf dem Friedhof genannt sind.

Aus unbekannten Gründen sind im o.g. Heimatbuch von 1971 nicht genannt (aber auf den später angebrachten Tafeln in der Aussegnungshalle):

Gramer, Josef *09.02.1915 +1943 (genaues Datum und Ort bisher nicht ermittelbar)

Keller, Ignaz *10.05.1920 +wahrscheinlich am 21./22.12.1942 (bei Astrahoff/Donbogen, Russland)

Keller, Otto *23.02.1919 +wahrscheinlich nach 03.03.1945 (bei Westwort bei Arnheim / Niederlande)

Weder im vorgenannten Heimatbuch noch auf der Gedenktafel in der Aussegnungshalle ist genannt der Stabsarzt Dr. Gottlieb Baumetz (*1903, +1945, genaues Datum und Ort unbekannt). An der Friedhofsmauer nördlich der St. Stephanus-Kirche steht aber heute noch das Familiengrab, in dem er bestattet wurde und wo ihm gedacht wird.

Ein Sonderfall ist die Familie Anton Sailer, der nach Unterlagen im Ortsarchiv anfangs auch auf der Gedenktafel gedacht werden sollte. Sie war bei der verheerenden Bombardierung Pforzheims am 23.02.1945 ums Leben gekommen. Der Angriff und darauffolgende Feuersturm forderte in dieser Nacht dort etwa 17.600 Tote (ca. 7.600 standesamtlich dokumentiert, der Rest dauerhaft vermisst, da man keine Leichen fand, diese teilweise erst bis in die 60er Jahre hinein immer wieder fand oder diese nicht oder nicht rasch genug identifizieren konnte) bzw. 20-30% der Einwohner und zerstörte 85-98% der Bauten im Stadtgebiet. In Relation zur Einwohnerzahl forderte dieser Angriff die bisher höchste Opferzahl in einer Stadt im Bombenkrieg in Deutschland.

Bürodiener Anton Sailer stammte aus Poltringen und wurde dort 1889 geboren. Er war jedoch vor dem Krieg nach Pforzheim verzogen und war an der Westlichen Karl-Friedrich-Str. 58 mitten in der Innenstadt wohnhaft. Er starb im Keller seiner Wohnstätte zusammen mit seiner Ehefrau Maria Magdalena (Lina), geb. Bröckel (53) aus Bichishausen sowie den drei Töchter Annemarie (24), Elfriede Sofia (22) und Ruth Irmgard (16), wo sie vor der Bombardierung Schutz gesucht hatten. Da das relativ neue, massive Geschäftshaus („Hansahaus“) nur im oberen Teil zerstört wurde, waren sie wahrscheinlich im Keller durch den Sauerstoffentzug durch den massiven Feuersturm wie hunderte andere in Altstadtkellern erstickt. Am 09.03.1945 wurden sie bestattet. Da sie vor und während des Krieges nicht mehr in Poltringen wohnhaft waren, wurde wohl dann auf Erwähnung auf der Gedenktafel verzichtet, weil ein Gedenken in Pforzheim stattfindet.

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Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „St. Georg in der Friedhofmauer“

Wer aufmerksam die Friedhofsmauer von Poltringen an der Nordostecke zum Ort hin betrachtet und dies zu Jahreszeit tut, zu welcher der dortige Efeu noch nicht wuchert, dem fällt dort ein sehr schönes Relief auf. Dieses zeigt den mit dem Drachen kämpfenden St. Georg, der u.a. auch Schutzheiliger der Soldaten ist.

Das Relief stammt eigentlich von einem früheren Gefallenenehrenmal von 1914/18, das nicht weit vom jetzigen Standort in der Nordostmauer des Chores der St. Stephanus-Kirche außen eingelassen war. Dieses Ehrenmal wurde dann bei der Renovierung der Kirche von 1956-60 entfernt und das Relief in die Freidhofsmauer eingebaut. Beim Bau der neue Aussegnungshalle 1972 wurden die Gefallenennamen des 1. Weltkrieges dann dort wieder auf Tafeln aufgehängt.

Das Relief und das Ehrenmal wurden von Prof. Karl Kuolt (1879-1937), dem bekannten Spaichinger Künstler, geschaffen. Er war besonders gefragt für seine sakrale Gebrauchskunst wie Grabmale, Denkmäler und Kapellen. Berühmt sind zudem heute noch seine unverwechselbaren Krippenfiguren, die im Spaichinger Gewerbemuseum zu sehen sind. Diese werden immer noch in Südtirol nachgefertigt und in einer von ihm gestalteten Krippe im o.g. Museum hat er sich selbst als einer der Heiligen Drei Könige verewigt.

Leider ließen sich bisher weder im Orts-, Pfarr-, Diözesanarchiv oder im Nachlass des Künstlers Bilder des ursprünglichen Ehrenmals finden.

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Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

Bildunterschrift: St. Georg-Relief, Nordostecke Friedhofsmauer Poltringen, Maße 150 cm breit und 70 cm hoch, Sandstein, Bild: B. Dieter, Mai 2020

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Kriegsgefangene und Fremdarbeiter in Poltringen“

Um die vielen Männer zu ersetzen, die im Zweiten Weltkrieg eingezogen waren und nicht in Poltringen an ihrer üblichen Arbeitsstelle zur Verfügung standen (ca. 150, d.h. jeder zweite männliche Einwohner vom Kind bis zum Greis), nutze man im großen Umfang Kriegsgefangene und Fremdarbeiter als Ersatzarbeitskräfte.

In Poltringen gab es zu unterschiedlichen Zeiten daher über 60 ausländische Hilfskräfte in den Betrieben und bei Landwirten (bei ca. 600 Einwohnern). Nur die Franzosen waren dabei Kriegsgefangene, die anderen waren mehr oder weniger freiwillig durch die damaligen Umstände zur Arbeit in der Fremde gekommen.

  • 16 Franzosen (meist 1940-45 in Sägwerk, Fahrradfabrik und landwirtschaftlichen Betrieben), Andre Gary, Marius Dion, Andre Canal, Albert Dublanc, Adin Quemin, Francois Goecalek, Maurice Dubo, Manuel Castel, Jean Deplechin, Arthur Lefort, Marcel Hilaire, Auguste Cerne, Francois Leroux, Rene Depierre, Luis Drapeau und Luzien Melon
  • 8 Italiener (1939-41 im Kalkwerk/Steinbruch), Antonio Pertoldi, Carlo Bertino, Siglio Noro, Guiseppe Fasiolo, Degano Benvenuto, Carlo Ceconi, Edgardo de Luca, Joffre de Luca
  • 10 Belgier (1944 im Kalkwerk/Steinbruch), Gustav van Durm, Firnin Gopaert, Luzien Beyst, Albert Dannels, Triphon van Laeke, Petrus de Vischer, Robert Verlinden, Fernand Ehemans, Rogger Maessens und Albrecht Marc
  • 12 Litauerinnen und Litauer (meist 1944-45, wohl auf Flucht vor vorrückender Roter Armee, davon 5 Personen ohne Anstellung (z.B. Pfarrer, Zahnärztin, in Medizin- und VWL-Studium), 7 Personen in landwirtschaftlichen Betrieben), Franz Blasky, Josef & Sofie & Felix & Stanislaus & Sigmas Kungys, Franziska & Barbara Kungyte, Stanislaus Zymantas, Josef Koukins, Stasys Deinaskas und Sigitas Stuksys
  • 11 Polinnen und Polen (meist 1940-45 in Mühle und landwirtschaftlichen Betrieben), Zita Jan, Michael Beljoki, Franciszeck Slomba, Josef Twozydlo, Murias Wladislaw, Anna Kzam, Maria Mikler, Josefa Kazimierek, Adela Musial, Anniela Zwarowska und Balbina Maczkowiak
  • 3 Ukrainer (meist 1940/43-45 in landwirtschaftlichen Betrieben), Hrje Tantala, Peter Comarzak und Hrezy Andry
  • 2 Russinnen und Russen (1943-44/45 in Mühle und landwirtschaftlichem Betrieb), Nikolay Troitzky und Hanna Peschko

Todesfälle sind keine bekannt. Insgesamt gab es bis zum Kriegsende bei einer Gesamtbevölkerung des Deutschen Reiches von etwa 80 Millionen Einwohnern etwa 9 Millionen ausländische Zivilarbeiter/innen, Kriegsgefangene sowie Zwangsarbeiter/innen. Etwa 18 Millionen Deutsche waren zum Kriegsdienst eingezogen.

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Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Gefallenenpostkarte“

Postkarte, undatiert, Stadtarchiv Herrenberg, Bild: B. Dieter, September 2020

In der Oberamts-Postkartensammlung des Stadtarchives Herrenberg gibt es vielen Ansichtskarten mit Poltringer Motiven. Eine davon zeigt ein Bild des Frontgrabes eines der gemäß der offiziellen Verlustlisten für Poltringen vermerkten 25 Gefallenen aus dem Zeitraum von 1914-18. Die bebilderte Gefallenentafel im Rathaus, die Liste im Heimatbuch und die Inschriften in der Aussegnungshalle des Friedhofes nennen allerdings aus unbekannten Gründen nur 21 Gefallene (eventuell sind diese noch vor dem Krieg nach auswärts verzogen). Es fehlen dort:

Gefreiter Gäntzle, Johannes (*18.09.1891 in Poltringen, +26.07.1915 in Schelkow / Russland), I.R. 125 4. Komp., deutsche Verlustlisten 08966 vom 23.09.1915 „infolge Verwundung verstorben“ (ist aber auf Denkmal in Entringen zu finden)

Schütze Sailer, Eugen (*15.08.1898 in Poltringen, *02.04.1918 in Moreuil / Frankreich), I.R. 478 2.M.G.K., deutsche Verlustlisten 26232 vom 12.09.1918, „gefallen“

Gefreiter Sailer, Josef (*12.09.1884 in Poltringen, +12.08.1916 in Stuttgart), 2. Landsturm Infantrie Bataillon Stuttgart XIII/3 3. Komp., deutsche Verlustlisten 14714 vom 09.09.1916 „infolge Krankheit etc. verstorben“

Grenadier Schlegel, Friedrich (*12.12.1891 in Poltringen, +09.11.1914 in Mesen / Belgien), G.R. 119 1. Komp., deutsche Verlustlisten 03858 vom 28.12.1914 „gefallen“

Auf der Postkarte handelt es sich um das Grab des in der Poltringer Gefallenendokumentation aufgeführten Soldaten / Wehrmannes (I.R. – Württembergisches Infanterieregiment Nr. 413, 3. Kompanie) Ferdinand Edel, der am 11.10.1879 in Poltringen geboren wurde und vor dem 08.04.1918 mit 39 Jahren zu Tode kam. Er ist in der deutsche Verlustlisten 25453 vom 03.08.1918 aufgeführt. Wahrscheinlich starb er im Zuge der letzten Frühjahrsoffensiven der deutschen Armee von März bis Juli 1918 in Nordfrankreich.

Für sein Regiment sind vom 07.04.- 08.06.1918 im Zuge der ersten Frühjahrsoffensive 1918 namens „Unternehmen Michael“ Kämpfe an der Avre und bei Montdidier und Noyon vermerkt. Allein diese Operation kostete insgesamt ca. 240.000 Tote, Vermisste und Verwundete auf der deutschen Seite und etwa 255.000 auf Seiten der Entente.

Wahrscheinlich wurde die Postkarte erstellt, da er nicht nur auf dem improvisierten Sammelgrabkreuz mit sieben weiteren deutschen Kriegsopfern genannt ist, sondern zusätzlich ein eigenes, liebevoll gestaltetes Grabkreuz wohl von seinen Kameraden erhielt. Am Kreuzfuß ist wahrscheinlich der/die Ersteller genannt, leider ist diese Inschrift nicht entzifferbar. Wann und wo das Foto genau gemacht wurde, ist leider nicht vermerkt. Es dürfte aber kurz nach der sicher frontnahen Beerdigung Anfang April 1918 aufgenommen worden sein, da die Gräber sehr frisch und improvisiert wirken sowie frischer Blumenschmuck zu erkennen ist. Ferdinand Edel ruht heute auf der Kriegsgräberstätte in Montdidier (Frankreich) in der Endgrablage Block 3, Grab 86.

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Ein Bebenhäuser Mönch aus Poltringen“

Von den 355 Zisterziensermönchen, die für den Zeitraum von fast 500 Jahren von 1190 bis 1649 im Kloster Bebenhausen bis zur Auflösung namentlich belegt sind, stammte mindestens einer aus Poltringen. Am 5. Mai 1488 wurde an 15. Stelle der Konventsliste (KL 3) ein Heinrich Korr genannt. Zur gleichen Zeit ist auch eine Familie Korr in Poltringen nachweisbar (WürttReg 1/2. 5.365 Nr. 9486).

So verkauften am 2. August 1480 gemäß einer erhaltenen Urkunde Auberlin Korr von Poltringen und seine Frau Katharine dem Pfarrer von Gärtringen sechs Malter Roggen und je ein Viertel Erbsen und Linsen Gült zu Tailfingen um 90 fl. (Findbuch A 602 Nr. 9486 Württembergische Regesten). Und ein Verwandter von Heinrich Korr, Martin Korr aus Poltringen, wurde 1482 in der Pfarrkirche zu Öschelbronn als Pfarrer eingesetzt (Findbuch Bebenhausen A 474 U 1531).

Weiteres ist leider über diesen Poltringer Mönch nicht zu erfahren, da er keine höheren Ämter innehatte oder anderweitig besonders in Erscheinung trat.

In Poltringen hatte das Kloster, das im Spätmittelalter zum reichsten württembergischen Kloster wurde, an Besitz 1356 einen Hof mit 35 Jauchert Acker, 5 Jauchert Wiese und ein Gülthof, 1563 eine Scheuer mit zwei Tennen und ein erblicher Hof (Jauchert = Joch / Ochsentagwerk = in Württemberg ca. 33,09 Ar).

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Ammerbegradigung“

Die Ammer zwischen Poltringen und Pfäffingen wies früher auf der ganzen Strecke bis Pfäffingen viele weitläufige Biegungen auf. Daran erinnert heute noch der Gewannname „Bieg“ auf der Poltringer Ammerseite und „Biegen“ auf dem Pfäffinger Ammerufer, wo die Ammer auch die Grenze der zwei Ortsgemarkungen ist. Da durch die Flussschleifen die Grundstücke rechts und links der Ammer schwer zu bewirtschaften waren, das Gelände feucht war und es durch die Biegungen zu einem erschwerten Abfluss des Wassers bei Hochwasser kam, was im Ort zu Überschwemmungen führte, wurde die Ammer in und nach Poltringen begradigt, der Flusslauf tiefergelegt und die Ufer erhöht.

Karte mit bisherigem (schwarz) und neuen Verlauf (blau) der Ammer sowie Flurbereinigungs-, Drainagierungs- und Feldwegsplanung, 1880/81, Ortsarchiv Poltringen (B 69)

Der Ammerabschnitt näher bei Poltringen wurde wohl schon um 1800 begradigt. Auf jeden Fall zeigt die erste topografische Karte von Poltringen von 1819 hier schon eine begradigte Ammer. In einem Flurbereinigungs-, Drainagierungs- und Feldwegsplan von 1880/81 ist aber noch der ursprüngliche Verlauf im Hintergrund mit sechs Biegungen eingezeichnet.

Der Ammerabschnitt näher bei Pfäffingen wurde dann ab 1931 begradigt. Nun konnten auf der ganzen Abschnittslänge die Ufergrundstücke sinnvoll und großflächiger genutzt werden und durch den besseren Wasserabfluss Aufstauungen vermieden werden. Später wurde die Ammer 1955 in Poltringen im Ort und bis zur Gemarkungsgrenze zu Pfäffingen zusätzlich tiefergelegt.

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Russlandfeldzug 1812“

Als Verbündeter Napoleons musste Württemberg für den Russlandfeldzug ab Juni 1812 ein großes Truppenkontingent zur Grande Armée stellen, die insgesamt etwa 610.000 Mann umfasste. Dieses Kontingent bestand aus 15.800 Mann, 3.400 Pferden und 30 Geschützen und stellte fast die gesamte Streitmacht Württembergs zu dieser Zeit dar.

Uniformdarstellung, Offiziere der Infanterie, des Garde-Füsilier-Regiments, der Grenadiere zu Pferde, des Leib-Jäger-Regiments und der Reitenden Artillerie, Königreich Württemberg, 1812, Zeichner: Richard Knötel, zwischen 1890 und 1918

Auch ein Poltringer Wehrpflichtiger, der 1789 geborene Matthäus Baumann, musste gemäß Ortsarchiv (in Pflegschaftsrechnungen Rf 1) an diesem Feldzug teilnehmen. Wie die meisten Soldaten, es kehrten nur etwa 30.000 Mann der Gesamtarmee aus Russland zurück, überlebte er den Krieg wahrscheinlich nicht und ist mit 23 Jahren als im „Russischen Feldzug vermisst“ vermerkt. Von den fast 16.000 Württembergern kehrten auch nur unter 400 dann im Winter 1812/13 zurück. Es ist aber dokumentiert, dass die Württemberger stolz waren, wohl aber eher nicht die trauernden Angehörigen, aus dem Feldzug alle Fahnen zurückgebracht zu haben.

Da sich der Blutzoll nicht nur durch Kampfhandlungen, sondern überwiegend durch Krankheiten, Desertionen und Hunger schon im Sommer abzeichnete und nur noch 2.400 Württemberger Moskau im September erreichten, befahl der württembergische König schon im Oktober 1812 vor der Rückkehr der Reste der württembergischen Truppen ab Dezember, neue Verbände zum sofortigen Abmarsch ins Feld für die weitere Kriegsführung aufzustellen. Und schon im August hatte der württembergische König daher den Soldaten verboten schlechte Nachrichten in Briefen zu verbreiten. Der Rest des Kontingents ging dann beim Rückmarsch von Moskau nach Einbruch des Winters durch Erfrierungen, Krankheiten und die verfolgende russische Armee bis auf wenige hundert Mann elend zu Grunde.

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Das Wunder von St. Stephanus“

Die St. Stephanus-Kirche wurde von 1750 bis 1753 zu barocker Form umgebaut. Zu Beginn der Bauarbeiten kam es dabei am 8. Juli 1750 zu einem schweren Arbeitsunfall, der auf wundersame Weise ohne größere Folgen blieb.

Der Geselle Josef Heinrich stürzte dabei von der Turmhöhe des Glockenturms „über 100 Schuh oberhalb der Glockenlöcher“ ca. 30 m in die Tiefe „ohne ein Glied zu verletzen oder zu bluten“.

Da dies ein sehr ungewöhnliches und glückliches Ereignis war, vermerkte man dies in der Pfarrchronik. Man schrieb das damals bestimmt auch der besonderen Gesegnetheit der Kirche und des Ortes zu.

Die Modernisierung geriet übrigens dann so kostspielig, dass noch 100 Jahre später die Kirchengemeinde als „ganz verarmt“ galt.

Quelle: „Die Poltringer Gotteshäuser“ von Dieter Manz von 2010.

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