Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte „Ein Apotheker aus Poltringen“

Der 1609 in Poltringen geborene Ludwig Weihenmajer (auch Weihenmeier) war einer der ersten Apotheker in Bietigheim, wo es ab 1559 eine Apotheke gab. Er übernahm diese 1651 als Schwiegersohn eines ehemaligen Apothekers dort, der wohl der Pest erlegen war. Ludwig Weihenmajer versah dann die Apotheke bis zu seinem Tod 1660. Um 1550 gab es im damaligen Herzogtum Württemberg außer in Reichsstädten zuerst nur in Stuttgart und Tübingen je eine Apotheke. Erst um 1629 hatten alle bedeutenden Amtsstädte ebenfalls eine Apotheke (aus „Beträge zur württembergischen Apothekengeschichte“ Band I 1950-52 S. 3-5 + Band V 1960-62 S. 41-42, Hrsg. Armin Wankmüller). Apotheker war damals ein noch sehr seltener Beruf.
Die erste „Apoteca“ in Deutschland gibt es seit 1241 in Trier. Sie und alle folgenden entstanden, da die Trennung der Berufe von Arzt und Apotheker von Stauferkaiser Friedrich II. mit dem „Edikt von Salerno“ von 1231 eingeführt wurde. Der Arzt sollte nicht daran verdienen, wenn er dafür sorgt, dass der Patient viele Medikamente einnimmt. Seine Aufgabe war es, zu diagnostizieren und Arzneimittel zu verordnen. Umgekehrt durften die ersten Apotheker selbst keine Patienten behandeln und die Arzneien auch nur zu gesetzlich festgelegten Preisen verkaufen.
Der Vater von Ludwig Weihenmajer, allerdings hier mit anderer Namensschreibweise, war zur Zeit seiner Geburt ev. Pfarrer von Poltringen: Johann Georg Weigenmeyer (auch Weiganmeir) von 1609 bis 1611. Er starb 1638 in Mönsheim im 30-Jährigen Krieg und wie vermerkt wird „nach vorausgegangenen Plünderungen und ausgestandenen großen Ängsten bei seinem Tochtermann im Forsthaus zu Leonberg, dahin er etliche Wochen vorher sich krank geflüchtet hatte“. Aus ev. Pfarrersfamilien stammten damals interessanterweise überraschend viele Apotheker.
Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte@hwv-ammerbuch.de).
Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“
Boris Dieter

Posted by Sabine in Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Die Poltringer Grenzsteine und die historische Gemarkungsgrenze“

Aus dem neuen „Grenzstein-Refugium“ am Ortsrand von Entringen sind mittlerweile weitere Aktivitäten entstanden, wie die digitale Erfassung der alten Gemarkungsgrenzen der Ammerbucher Ortsteile (GPS-Dateien auf Homepage Bürgerverein Ammerbuch) und die begonnene Transkribierung der Grenzbeschreibungen meist aus dem 18. Jahrhundert. Man kann nun mittels z.B. Google Maps die alte Poltringer Gemarkungsgrenze auf 13,8 km (= „Summa 2968 Ruthen, 3 Schue, 9 Zoll“) erwandern und diese mit der Grenzbeschreibung von 1767 (Titel: „Des gemeinen Fleckens allda gantzen Zehenden – Bezircks Zwäng und Bänn Beschreibung“) nachvollziehen. Das Dokument ist eines von nur einer Handvoll Dokumenten, die älter sind als der Brand des Poltringer Rathauses 1783, dem das komplette Ortsarchiv zum Opfer fiel. Von den dort genannten 98 Haupt-Grenzsteinen und ähnlich vielen „Läufern“ (Zwischengrenzsteine) gibt es aber nur etwa 40.
Der Poltringer Grenzstein Nr. 1 stand in der Nähe des Käsbaches am Schopfenloch zwischen den heutigen Schienen der Ammertalbahn und dem dortigen Regenrückhaltebecken. Er war wohl deswegen als Nr. 1 gewählt worden, da er als „Dreimärker“ besonders schön war und auf allen Seiten Inschriften trug: Richtung Poltringen mit einem Eber als Poltringer Fleckenzeichen und einer „1“, gegen Entringen mit einer Ente als deren Fleckenzeichen, gegen Pfäffingen mit einem Adler als Wappenzeichen der Familie von Gültlingen und auf der vierten Seite mit dem Wappenzeichen der Familie von Ehingen, Besitzer des Bergschlosses Oberpoltringen, einem doppelten Winkelhaken. Der Grenzstein war gleichzeitig auch der Grenzstein Nr. 8 der Entringer Grenzbeschreibung und Nr. 104 der Pfäffinger Grenzbeschreibung.

Weiß jemand etwas über seinen Verbleib? Beim Ablaufen der Gemarkungsgrenze waren leider weder der Grenzstein Nr. 1 noch die weiteren 21 vor 250 Jahren beschriebenen Grenzsteine und zusätzlichen Läufersteine zu finden. Diese markierten den Grenzverlauf vom Käsbach, östlich am Poltringer Wasserwerk und Lidl vorbei, mittig durch den hinteren Pfäffinger Sportplatz an die Ammer auf Höhe der Pfäffinger Straße „Biegenmühle“ und dann lange an der Ammer entlang Richtung Poltringen. Dort überquert die Gemarkungsgrenze die heutige Ammer und läuft Richtung Heidenwald den Berg hinauf. Der erste Grenzstein, der auffindbar war, ist auf der südlichen Ammerseite auf halber Strecke zum Heidenwald im Gewann „Lichtenberg“ der Grenzstein Nr. 22.
Im Heidenwald finden sich mehr Grenzsteine und Läufer, aber auch nicht mehr alle. Besonders schade ist, dass es den „Viermärker“, an dem sich die Grenzen von Poltringen, Pfäffingen, Wendelsheim und Oberndorf trafen, im Waldgewann Vogelsang ebenfalls nicht mehr gibt. Auch zwischen Heidenwald und Reusten gibt es nur noch zwei von früher etwa 30 Grenzsteinen. Diese beiden stehen rechts und links der Landstraße nach Oberndorf am Ende der Steigung. Von dort bis zum Beginn der Gemarkungsgrenze zu Entringen war überhaupt kein Grenzstein oder Läufer von früher etwa 80 auffindbar. Insgesamt gibt es von den 98 Haupt-Grenzsteinen nur noch 19. Von den 148 Läufern sind nur noch 25 auffindbar. D.h. circa 200 Grenzsteine und Läufer sind von 1767 bis heute verschwunden.
Auffindbar sind die Grenzsteine zum einen wegen der Lage direkt auf der Gemarkungsgrenze und zum anderen durch den in der Grenzbeschreibung aufgeführten Abstand zum vorhergehenden und nächsten Grenzstein in „Ruthen“ (altwürttembergische Rute mit ca. 4,6 m = 16 Schuh) und „Schuen“ (württembergischer Schuh mit ca. 0,29 m = 12 Zoll).

Für die AG „Poltringer Heimatgeschichte“

Boris Dieter

Grenzstein an Grenze zwischen Poltringen und Pfäffingen Richtung Heidenwald mit dem Alt-Wolkensteinischen Wappen (Wappenschild viergeteilt: Wolken- und Bergspitzensymbol) und oben der Nummer „22 (=ZZ)“, Alter unbekannt (sicher vor 1700), Bild: B. Dieter, Mai 2023
Posted by Sabine in Heimatgeschichte

„Grenzsteinzeugen“ gesucht

Liebe Mitglieder,
seit dem Frühjahr 2022 gibt es an der Weggabelung des Poltringer Weges in der Nähe des Entringer Bildungszentrums ein „Ammerbucher Grenzstein-Refugium“ (AGR), zu dem der HWV einen Trägerstein beigesteuert hat. Hier finden sich nach anfangs sechs Steinen nun mittlerweile 16 restaurierte historische Grenzsteine und eine Informationstafel.
Ergänzend zu diesem AGR möchte ich eine Kollektion von Grenzsteinzeugen der Ammerbucher Ortsteile z.B. zur Nutzung bei Führungen sowie zum Erhalt dieser Rechtstradition und Zeitzeugen anlegen. Bisher gibt es solch eine Sammlung in Ammerbuch nicht.
Früher gehörte zu fast jedem Grenzstein ein unter ihm vergrabener Grenzsteinzeuge. Wo und wie diese Zeugen lagen, kannte als „Zeugengeheimnis“ nur ein kleiner Kreis von geschworenen Einwohnern (sog. „Untergänger“ oder „Feldgeschworene“), um sicherzustellen, dass Grenzsteine nicht verrückt wurden. Diese Zeugen waren je Gemeinde und über die Zeiten hinweg unterschiedlich gestaltet. Die Tradition gab es seit dem 13/14. Jahrhundert und endete Mitte des 20. Jahrhunderts mit der modernen Landesvermessung und digitalen Geodaten.
Wie diese Grenzsteinzeugen aussehen, zeigt das Bild. Es fehlen bisher für die Sammlung nur noch die Grenzsteinzeugen von Reusten und Breitenholz. Wer über solche verfügt und diese überlassen würde, um die Kollektion zu vervollständigen, ist gerne willkommen.
Sollten Sie über Grenzsteinzeugen von Reusten oder Breitenholz verfügen oder wissen, wo solche erhältlich sind, freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme (07073-300 769).
Boris Dieter
Ehrenamtlicher Beauftragter (Landesdenkmalamt Ba-Wü)

Tönerne Grenzsteinzeugen der Ammerbucher Ortsteile Poltringen, Pfäffingen, Altingen, Entringen und des Staatswaldes, zudem ein Tübinger Grenzsteinzeuge (mit Glasur) und ein örtlich nicht zuordenbarer Zeugenstein (alle wohl 18.-20. Jahrhundert)

Posted by Sabine in Aktuelles, Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Wasserschlossmodell – Modellbauer für Bergschloss gesucht!“

Vom Poltringer Wasserschloss gibt es ein Ansichtsmodell. Dieses ist zur 800 Jahr Feier im Jahr 1991 entstanden und steht aktuell im linken Flügel der Schlossscheuer. Erstellt hat dies liebevoll und ehrenamtlich in unzähligen Stunden Handarbeit der im alten Poltringer Mühlengebäude wohnende Hans-Joachim Schmidt mit dem in Entringen wohnende Modellschreiner Uli Steinke. Das Modell wurde detailgetreu fast ausschließlich aus Holz nachgebaut und es entstanden Materialkosten im Wert von damals ungefähr 250 EUR. Durch die qualitätsvolle Arbeit erfreut es bis heute Besucher.
Das Modell hat die Maße Breite 1,21 m, Tiefe 1,25 m und Höhe 1,05 m und stellt das Wasserschloss im Maßstab etwa 1:20 dar.

Vorderseite des Wasserschlossmodells vor dem Poltringer Rathaus, Februar 2018, Bild: B. Dieter
Vorderseite des Wasserschlossmodells vor dem Poltringer Rathaus, Februar 2018, Bild: B. Dieter

Da es mittlerweile mehrere bildliche Darstellungen und eine Beschreibung des 1613 erbauten und etwa 1790 abgebrochenen Bergschlosses gibt, wäre es möglich auch ein Modell des Bergschlosses zu erstellen. Gibt es jemand, der Interesse und Erfahrung hat ein Modell des Bergschlosses zu erstellen und sich dieser spannenden Aufgabe unterstützt durch den Heimat- und Wanderverein Ammerbuch e.V. und meine Expertise stellen möchte? Dann gerne bei mir melden: 07073-300 769.

Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).

Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

Posted by Sabine in Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Dank für Bilderspenden“

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
vielen Dank für die Zusendung der vielen Bilder aufgrund meines Aufrufes Anfang Mai an alle Bilderspender!
Damit helfen Sie mir meine ortsgeschichtlichen Artikel immer, um sie anschaulicher zu machen, mit einem Bild oder Karte zu versehen. Trotz intensiver Recherche in diversen Quellen und Archiven konnte ich aber zu bestimmten Themen bisher keine Bilder finden. Nun konnten Dank Ihrer Hilfe einige Lücken geschlossen werden.
Zu einigen Themen scheint es aber leider weiterhin keine Bilder, Karten oder Zeichnungen (mehr) zu geben; vielleicht findet sich doch noch etwas?
früheres Kriegerdenkmal des 1. Weltkrieges an der nordöstlichen Außenmauer der St. Stephanuskirche
Tieffliegerangriff / Kriegsende 1945
Ausgrabung der Römervilla am Käsbachknie
früheres Aussehen des Gässle-Brünnele
Quelle „Schwarzer Brunnen“ am Ammertalnordhang nach der Schwärzer Halde und der anschließenden Klinge direkt vor dem Bauhofbeginn auf der gegenüberliegenden Ammersüdseite (vor der Verschüttung mit Steinbruchschutt)
Gasthaus „Engel“ in der Kurve am Ortsausgang Richtung Oberndorf (heute Gebäude Ehingerstraße 12)
Aber auch zu bekannten Motiven gibt es aber immer wieder interessante Bildfunde, wie die Zeichnung der St. Stephanus-Kirche aus den 50er Jahren zeigt.

St. Stephanus-Kirche von der Malerin Marie Schiele-Fliedner (1881-1970), Entringen, gemalt mit Buntstiften 1952, im Besitz der Familie Reinhold Bauer, Entringen, Bild: B. Dieter, Juni 2022

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Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Das Wasserschloss vor dem schickhardtschen Umbau“

Etwa zur selben Zeit als das „evang.“ Poltringer Bergschloss gebaut wurde (1613), wurde auch das „kath.“ Wasserschloss umgebaut (1608). Beide Baumaßnahmen liefen interessanterweise jeweils unter der Leitung von Heinrich Schickhardt, dem Hofbaumeister des Herzogtums Württemberg, der zu Poltringen noch weitere bauliche und persönliche Bezüge hatte. Daher ist Poltringen-Ammerbuch heute auch Teil der Europäischen Kulturstraße „Heinrich Schickhardt“, die von der Schweiz über Frankreich bis in unsere Region führt.

Für die Zeit nach dem Umbau gibt es einige Bilder und das Schloss hat bis heute dieses äußere Aussehen beibehalten. Für das Aussehen des Schlosses vor dem Umbau ist bisher nur ein einziges, hier gezeigtes Bild bekannt.

Dieses Aquarell des Wasserschlosses eines unbekannten Zeichners von Norden, das vor 1608 und ggf. schon im 16. Jahrhundert entstanden sein muss, ist Teil eines Aktenbündels. Diese Dokumentensammlung betrifft die jahrzehntelang dauernden Verhandlungen zwischen Österreich und Württemberg zu den komplizierten Besitzverhältnissen vor Ort, die sich durch die Herrschaftsrechte der beiden religiös verfeindeten Nachbarländer in Poltringen ergaben.

Man sieht auf dem steinernen Sockelgeschoß der vierflügelig angelegten alten Wasserburg, das Schickhardt für den Nachfolgerbau übernahm, einen einstöckigen Fachwerkaufsatz sitzen. Das Bild enthält bei näherer Betrachtung einige interessante Details, die so bisher nicht bekannt waren. Die Gebäude und Geländegegebenheiten tragen zudem meist eine Beschriftung. Diese lautet transkribiert im Uhrzeigersinn beginnend oben, im Norden mit dem Keller auf der anderen Ammerseite beginnend folgendermaßen (Transkription: Dieter Christ, Boris Dieter und Reinhold Bauer):

Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 33 Bü 144
  • Am oberen Bildrand: „alles Wolken – – steinische – – Äcker“
  • Keller: „der alte Keller, im Lehenbrief bemelt (genannt)“
  • Mühle: „die eingenommene Müle“
  • Gebäude: „Sawstegen“ (Saustall, die drei zugeklappten Futtertröge sind erkennbar)
  • Scheuer: „Scheuer zum Schloß“
  • Acker: „Acker, der im Lehenbrief inßerirt“
  • Weg nach Oberndorf: „Fußpfad zu der Mühle, über österreichisch Acker“ (Ammerbrücke gab es wohl schon seit mindestens ca. 1600)
  • Ammer: „Das Wasser die Ammer genannt, so die Mühl treibt und allein Wolkenstein zugehörig“
  • Schloßscheuer: „Der neue Bau“
  • Westlicher Banngarten: „Baumgarten so Eigentumb“
  • Innenhof: „Der Schloßhof, darinnen die Fron all den Inhabern des Schloßes zugehörig, auch einzig allein von denselben eingezogen werden und der Burgfrid ist“
  • Pferdestall und Scheune: „Roßstall und Kornschütte zum Schloß“
  • Straße nach Reusten: „Straß zu d Pfarrkirch undt Closter“
  • Weinberge: „Wolkensteinische Weingärten“
  • Schloßweinberg- / Taläckerstraße: „Straß auf die Äcker“ (gegenüber der dort eingezeichneten etwaigen Kelter ist ein bisher unbekannter Keller- oder Stolleneingang eingezeichnet, eventuell der „neue Keller“ im Bau?)
  • Hottenberg: „alle Wolken …. stein …. nische …. Äcker“
  • Scheune: „Scheuer“
  • Wassergraben: „Schloßgraben“
  • Hauptstraße: „Straß zwischen den Weingarten so österreichisch und diselben Garten, darüber man zu der Mühle fahren muß“
  • Backhaus: „Backhaus zum Schloß, auch im Lehenbrief“
  • Taubenhaus und Roggenschütte: „Taubenhaus und Rokkenschütte“
  • Zusatztext unten links: „Dieser Abriss ist, nach und gegen Mittag, abgerissen und gemalt worden“
  • Weinberge: „Weingarten welche im Lehenbrief specificirt“
  • Schloß: „Das Schloss welches im Lehenbrief specifizirt und sehr baufällig“
  • Östlicher Banngarten: „Baumgarten im Lehenbrief angezogen“
  • Blasenbergstraße: „Ruina der gewesten Mül bei der Burg zu Boltringen“ (hier ist ein Steg über die Ammer zu sehen und dort stand früher die dritte Mühle von Poltringen neben der Schlossmühle und der späteren Sägmühle unten im Ort)
  • Aiblestraße/Ammerbegleitweg: „Fußpfad zum Dorff“

Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).

Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – Ehrenamtlicher Beauftragter

Seit dem 03.08.2022 hat auch Ammerbuch einen „Ehrenamtlichen Beauftragten in der archäologischen Denkmalpflege“. Wir freuen uns mitteilen zu können, dass unser Vereinsmitglied und Kassenprüfer Boris Dieter für dieses Ehrenamt vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart im Einvernehmen mit der Unteren Denkmalschutzbehörde im Tübinger Landratsamt für die Bereiche „Ammerbuch und Schönbuch“ bestellt wurde.Basis für diese Entscheidung waren u.a. seine heimatgeschichtlichen Recherchen für unseren Verein, aus denen seit 2018 zwei Bücher bzw. über 160 Artikel meist für das Amtsblatt entstanden sind, der Einsatz als stv. Vorsitzender des Ammerbucher Bürgervereins e.V. für die denkmalgeschützte Schlossscheuer, die spendenfinanzierte Geo-Radar-Prospektion des Gässle-Brünnele-Kanals im Sommer 2021, die Gründung des Ammerbucher „Grenzstein-Refugiums“ im April 2022 und seine Mitarbeit seit September 2021 bei der archäologischen Lehrgrabung in Reusten sowie der Fundbearbeitung in Tübingen.„Ehrenamtliche Beauftragte“ sind fachkundig geschulte Laien und unterstützen die staatliche Denkmalpflege in ihren praktischen Aufgaben vor Ort. Landesweit bilden Sie über alle 1.101 Gemeinden hinweg ein Netzwerk von über 250 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bilden ein Bindeglied zu örtlichen Institutionen. Im Regierungspräsidium Tübingen sind ca. 20 aktiv. Sie unterstützen bei:

  • der Beobachtung archäologischer Verdachtsflächen
  • der Überprüfung bekannter archäologischer Denkmale
  • dem Kontakt zu den Unteren Denkmalschutzbehörden
  • der Überwachung von Baumaßnahmen vor Ort
  • der Dokumentation und Bergung archäologischer Funde und Befunde
  • und bei Rettungsgrabungen

Sie sind lokal Auge, Ohr und Hand des Landesdenkmalamtes, kennen die örtlichen Gegebenheiten und relevanten Ansprechpartner, sind mit benachbarten Beauftragten und zertifizierten Sondengängern vernetzt, kennen wichtige Informationsquellen und sind durch ihre Präsenz vor Ort für die Bevölkerung einfach ansprechbar. Koordiniert werden die Beauftragten von den regional zuständigen, hauptamtlichen Gebietsreferenten des Landesdenkmalamtes.  Eine erste Beauftragung und Sicherstellung von Funden ergab sich dann auch schon durch gehäufte Knochenfunde in den „Gassäckern“ zwischen Flugfeld und Hardtwald.Ein nächstes Projekt in Abstimmung mit den Landesdenkmalamt könnte dann die Ausgrabung, Dokumentation und Reparatur der wohl zwei Leckstellen des Gässle-Brünnele-Kanals, um seine frühere Ergiebigkeit wieder herzustellen.Bestehen Fragen oder gibt es Fundhinweise, kann über 07073-300 769 oder heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de eine Kontaktaufnahme erfolgen. Alternativ kann auch der zuständige Gebietsreferent Dr. Marc Heise kontaktiert werden:  07071-757-24 13, marc.heise ät rps.bwl Punkt de

Amtlicher Lichtbildausweis der ehrenamtlich Beauftragten

Posted by Sabine in Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Poltringer Straßennamen erklärt – Teil 1“

Im Heimatbuch von 1971 sind auf den Seiten 15 bis 35 alle Gewannnamen der Gemarkung Poltringen im Detail und sehr anschaulich erklärt. Zu den Straßennamen gibt es etwas Ähnliches nicht. Es gibt nur zu allen Straßennamen Ammerbuchs auf der Homepage der Gemeinde ein „Straßenverzeichnis“ mit maximal sehr kurzen Erläuterungen.

Bei den meisten der über 50 Straßennamen in Poltringen braucht es auch keine größere Erläuterung, da ihre Bedeutung auf der Hand liegt. Dies ist der Fall bei allen Straßen mit Namen von Pflanzen (z.B. Wacholderweg oder Kiefernweg), Ortschaften (z.B. Entringer Straße oder Wendelsheimer Weg), Berühmtheiten (z.B. Schickhardtring oder Jahnstraße), (ehemalige) Gasthäuser (z.B. Hirschstraße und Engelstraße), Gewannnamen oder Bergen (z.B. Kornbergstraße, Haldenstraße, Aiblestraße oder Wasenbreite) oder mit den Namen von ehemaligen Ortsherren (z.B. Pfalzgrafenring oder Erbachstraße).

Ausschnitt aus „Ansichten der gräflich wolkensteinischen, teils eigenen, teils lehenbaren Schlösser samt Gärten, Umland, Neben- und Wirtschaftsgebäuden in Poltringen 1695“ (B 33 Büchel 63 Hauptstaatsarchiv Suttgart), mittig Rathaus und Turm mit Kreuz und Nummer 25, unten Ammer, rechts Bergschloss mit Weinberg unterhalb

Bei einigen Straßennamen ist aber die Bedeutung nicht so leicht zu erkennen. Diese sind daher hier, soweit Informationen dazu ermittelbar waren, erläutert:

Holzweg – Dies war der alte Hohlweg, der etwa die frühere Poltringer Säge an der Ammer hinter dem Gasthof „Adler“ bei der Ammerbrücke in direkter Linie mit dem Schönbuch und dem dortigen früheren Poltringer „Communewald“ (1821-1890) bei Hohenentringen verband. Er ist aber schon 1355 im Bebenhäuser Urbar als „Holtzweg“ und 1484 als „Bolltringer Holtzweg“ in einem Vergleich erwähnt. Die Sägerei ist aber erst ab etwa Mitte des 19. Jahrhundert belegt; der Weg wurde also schon seit alters her zum Holztransport genutzt.

Froschgasse – Diese Gasse trägt ihren Namen daher, dass dies früher ein sehr sumpfiger Feldweg zur Ammer hin war und es dort wahrscheinlich deswegen viele Frösche gab.

Turnerstraße – Hier gab es vor dem zweiten Weltkrieg einen Turnplatz. Dieser lag daher nicht weit entfernt vom alten Rathaus, in dem Schulräume und der Kindergarten war. Der Bereich wird auch „Ga(e)nswinkel“ genannt, da sich dort früher die Gänse des Dorfes sammelten, da es hier früher relativ flach in die Ammer ging.

Turmstraße – Der Straßenname rührt daher, dass das frühere Poltringer Rathaus über einen Gefängnisturm verfügte. Dies ist auf einer Panoramakarte von 1695 zu sehen. Nach einem Um- oder Neubau 1778 brannte dies aber schon 1783 ab und wurde ohne Turm in der Form wiedererrichtet, in der es dann in den 1970er Jahren zur Verbreiterung der Hauptstraße abgerissen wurde. Zudem ragte das alte Rathaus sowieso von der Straße, die von der Engelstraße und der Ammer zur Hauptstraße steil hinaufführte, turmartig hoch auf und verfügte dadurch über fünf Stockwerke: Gewölbekeller („Narrenhäusle“), Erdgeschoß Molkerei, früher Waage, 1.OG Kindergarten, 2.OG auf Hauptstraßenniveau Rathaus und Gefängnis, darüber dann noch zwei Dachgeschoße.

Banngarten – Dies war ein großes, umhegtes Gartengrundstück, welches der Nutzung durch die Schlossherrschaft vorbehalten war.
Sommerweg – Diesen Straßenname gibt es erst seit den 70er Jahren, vorher war dies ein Feldweg. Wahrscheinlich kam es zu der Benennung, da dies eine sehr sonnige und für den Weinbau gut geeignete Halde war. Daher war dort auch der „Schlossweinberg“ und heute die Schlossweinbergstraße.

Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).

Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

Posted by Sabine in Heimatgeschichte

Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Familiennamen in Poltringen im 14. Jahrhundert“

Eine der ältesten Quellen für bürgerliche Familiennamen in unserer Region sind die sog. Urbare. Dies sind Auflistungen von Einnahmen und eventuell Ausgaben der regionalen Herrschaften. Nachfolgend sind drei ältesten bekannten aus dem 14. Jahrhundert aufgeführt.

Das Altwürttembergische Urbar von um 1350 ist das in Latein verfasste, erste Gesamtverzeichnis der Einnahmen der, damals noch, Grafschaft Württemberg. In diesem sind nur einzelne Familiennamen von Ortsherrschaften (von Ehingen, von Hailfingen, von Effringen) in Bezug zu „In Boltring“ dokumentiert, keine Namen Poltringer Bürger.

Das Bebenhäuser Urbar von 1356 ist das in Latein verfasste, erste Gesamtverzeichnis der jährlich wiederkehrenden festen und ertragsabhängigen Einnahmen von Bauern und Bürgern des 1191 gegründeten Klosters Bebenhausen aus seinem eigenen Grundbesitz und den Abgaben, die das Kloster anderen schuldete. In diesem sind folgende Familiennamen in Bezug zu „Boltringen“ bzw. „Oberkirch/Oberkirlich“, bei Beschreibung des Grundstücks als Abgabenschuldner oder Anlieger genannt, dokumentiert (in Klammer eigene, freie, sinngemäße Übertragung in modernes Deutsch, wenn notwendig):

  • Wernheri de Poltringen (Werner von Poltringen)
  • Anshelmus de Halvingen (Anselm von Hailfingen)
  • Hermanni de Owe (Herrmann von Ow)
  • de Ehingen (von Ehningen)
  • de Effringen (von Effringen)
  • Bertoldi Múrer (Berthold Maurer)
  • Uolen (Uhlen)
  • Uelen de Bernhusen (Ühlen von Bernhausen)
  • Cunradus Beben (Konrad Beben)
  • Seddenlin (Settelin)
  • Uloni (Ühloni)
  • Anshelmi (Anselm)
  • Blúme (Blüme)
  • Suter
  • Stival (Stiefel)
  • Halderin (Halder)
  • Linder
  • Stival (Stiefel)
  • H. Schimilli (Schimmel)

Das Schönbuch-Urbar von 1383 ist das erste Forstlagerbuch der Grafschaft Württemberg. Es ist in Deutsch verfasst. Ein Forstlagerbuch verzeichnet in Bezirken wie dem Schönbuch, in denen Württemberg die Forsthoheit hatte, die dortigen Waldnutzungsrechte und die Einkünfte. Vorher gab es keinerlei gesammelte Übersicht über diese Rechte. Für „Boltringen“, das dem „ober ampt (Oberen Amt)“ der herrschaftlichen Schönbuchverwaltung zugeordnet war und umfangreiche Nutzungsrechte am Schönbuch hatte, sind folgende Familiennamen dokumentiert:

  • Eberhart Selder
  • Uel
  • Aberlin Fronmayer
  • Bentz Bruehsel
  • Wernher Truemlin
  • Küng
  • Eberlin Sueter
  • Haintz der Vogkeler
  • Cuentz Schuler
  • Burchart Brun
  • Hans der Frie
  • Hans Foekler
  • Aberlin Schuetz
  • Felman
  • Haintz Hagen
  • Cuentz Huemel
  • Haintz der Murer
  • Hueg Hagen
  • Sueter
  • Walther
  • Eberhart Riser

Quellen zu „Altwürttembergisches Urbar“ 1350: Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Transkription nicht vorhanden; „Bebenhäuser Urbar“ 1356: Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Transkription in „Das Bebenhäuser Urbar von 1356“ (2015) von W. Wille; „Schönbuch Urbar“ 1383: Original im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Transkription in „Württembergische Geschichtsquellen“, 23. Band (1934) von K. 0. Müller

Digitalisat der „Schönbuch Urbar“ Seite für Poltringen von 1383, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (H 107/18 Bd. 1 – Blatt 19 R

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Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Neues vom historischen Gässle-Brünnele-Kanal“

Direkt am Feldweg Richtung Oberndorf, dem sogenannten „Gässle“, gibt es einen Brunnen, der „(Gässle-)Brünnele“ genannt wird. Bei einer Leckagereparatur der Zuleitungsröhre entdeckte man 1997 überraschenderweise, dass der Brunnen sein Wasser nicht wie vermutet direkt bergauf aus Richtung Heidenwald bezieht, sondern, dass sein Wasser aus einem bis dahin völlig unbekannten historischen Kanal Richtung Oberndorf stammt.

Bild von Osten des geöffneten trockenen Kanalstücks nach der Ableitung des Wassers zum Brunnen, Bild: B. Dieter, Oktober 2018

Der ca. 20 cm breite und hohe Kanal mit einer Steinabdeckung verläuft etwa 20 m von der Brunnenöffnung etwa 50 cm unter der Oberfläche fast senkrecht zur Zuleitungsröhre und weist parallel zum Feldweg Richtung Oberndorf bzw. dem Wald am Gewann „Vogelsang“ und verläuft vermutlich nach der Ableitung des Brunnenwassers dann Richtung Dorf oder Ammertal weiter. Er ist nach der Ableitung aber trocken.

Im Zusammenhang mit einer erneuten Öffnung des Kanals 2018 wurde dann eine Begutachtung und Dokumentation dieses Bodendenkmals durch das Landesdenkmalamt vorgenommen. Sie ergab einen geschätzten Bauzeitraum zwischen dem Jahr 1500 und spätestens 1800. Parallele Recherchen, auch im Ortsarchiv, in weiteren schriftlichen Quellen oder Karten, wohin der jahrhundertealte Kanal verläuft und wann oder warum er erbaut wurde, waren aber bisher leider erfolglos. Der Kanal ist seltsamerweise nirgends verzeichnet. Vielleicht sind Unterlagen über ihn beim Großbrand des Poltringer Rathauses Ende des 18. Jahrhunderts vollständig zerstört worden und er zeitgleich in Vergessenheit geraten.

Durch Analyse der geologischen und topografischen Gegebenheiten und eine hydrologische Wasseruntersuchung der Universität Tübingen, konnte dann aber der vermutete Quelltopf und Verlauf dorthin zumindest eingegrenzt werden, ist aber noch unsicher. Wohin der Kanal (im Dorf oder im Ammertal?) verlief, ist aber immer noch gänzlich unklar.

Um nähere Informationen zum Verlauf des Kanals Richtung Dorf und vor allem Richtung Quelltopf zu erlangen, ist geplant, im Sommer 2021 eine archäologische Fachfirma privat zu beauftragen. Diese könnte eventuell mit einem Bodenradar die Trasse des Kanals bis zum Quelltopf und vielleicht sogar Richtung Dorf ermitteln. Zudem könnte dann eventuell auch geklärt werden, warum der Brunnen, vielleicht durch Leckstellen oder Beschädigungen des Quelltopfes, früher erheblich mehr Wasser führte wie heute.

Spendenaufruf

Für die vorgenannte Georadaruntersuchung entstehen nicht unerhebliche Kosten (um die 1.000,00 €), die bisher schon größtenteils durch großzügige Spendenzusagen abgedeckt sind. Wer die Recherchen zum Verlauf und Quellort des historischen Kanals in Poltringen ebenfalls unterstützen möchte, kann daher bis 28.2.2021 eine zweckgebundene Spende anweisen an den Heimat- und Wanderverein Ammerbuch e.V. (IBAN: DE54 6416 1397 0067 1250 00, BIC: GENODES1AMM -Volksbank Ammerbuch eG), Verwendungszweck: „Spende Geo Radar“.

Die Spende kann steuerlich abgesetzt werden, die Spender werden über die weiteren Aktivitäten präferiert informiert und in der Dokumentation gerne genannt. Für eine Spendenbescheinigung bitte uns Adresse mitteilen. Vielen Dank im Voraus!

Wer hierzu noch weitere vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).

Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter

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