Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Urfehde“
Von 1533 gibt es eine Urkunde im Stuttgarter Hauptstaatsarchiv eines Jorg Maurer aus Poltringen, in der er Urfehde schwört (Hauptstaatsarchiv Stuttgart Signatur J 13 U 86).
Die Urfehde oder Unfehde, der Verzicht auf Fehde oder Rache am Gegner, begegnet man im Mittelalter als Streiturfehde und als Hafturfehde. Die Streiturfehde beendete eine begonnene oder angedrohte Fehde, während im Zuge einer Hafturfehde ein freigelassener Häftling eidlich versprach, sich nicht an den für seine Verhaftung Verantwortlichen zu rächen. Der Delinquent anerkannte die Strafwürdigkeit seines Vergehens oder Verbrechens und schwor, sich nach der Haftentlassung weder am Gerichtsherrn noch bei seinen Dienern und Beamten zu rächen. Zugleich anerkannte er mit der Urfehde die ihm auferlegte Strafe. Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit war vor allem die Hafturfehde von Bedeutung. Fast alle inhaftierten Personen wurden nur mit einer schriftlich beurkundeten Urfehde entlassen und unter Strafe gestellt. Heute ist damit die Bewährungsstrafe vergleichbar. Die Urfehde beruht auf den Blutrachevorstellungen der Germanen, bei denen der Streit durch eine eidliche Vertragsform beigelegt wurde.
Text des Pergaments:
„Jorg Maurer (Muwrer) von Poltringen schwört nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Turm zu Horb, in das er wegen gewaltsamer Entführung der Frau seines Dienstherrn, des Walkmüllers Jacob Folgk zu Horb, namens Margarethe Schnäblerin und wegen ausgestoßener, lebensgefährlicher Drohungen gegen seinen Herrn gekommen war, Urfehde gegen König Ferdinand, dessen Erben, Haupt- und Amtleute, Räte und Diener sowie die Stadt Horb.
1533 Juni 20 (freiitag nach sant Veits des hailligen martiers tag von geburt Cristi unsers lieben hern als man zalt funffzehenhundert dreissig und drii iar)
Siegler: Junker Jheronimus Ifflinger von Graneck zu Horb“
Warum Jorg Maurer die Frau seines Dienstherrn entführt hat und ihm massiv gedroht hat, war bisher leider nicht zu recherchieren.
Der Familienname Maurer ist in Poltringen erstmals im 14. Jahrhundert schriftlich nachweisbar. So ist im Bebenhäuser Urbar von 1356, dem ersten Gesamtverzeichnis der jährlichen Einnahmen des Klosters Bebenhausen als Abgabenschuldner oder Anlieger ein Bertoldi Múrer (Berthold Maurer) genannt. Im württembergischen Schönbuch-Urbar von 1383 ist bezüglich Waldnutzungsrechten und Einkünfte ein Haintz der Murer (Heinz Maurer) erwähnt.
Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).
Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter