Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Das Rittergut Poltringen im Jahre 1695“

B 33 Büchel 63 HStA „Ansichten der gräflich wolkensteinischen, teils eigenen, teils lehenbaren Schlösser samt Gärten, Umland, Neben- und Wirtschaftsgebäuden in Poltringen 1695“

Es gibt eine wunderschöne und detailreiche Panoramakarte über den Gesamtbesitz des Poltringer Rittergutes aus 1695. Auf ihr sind viele Aspekte zu erkennen, die bisher nicht sicher belegt oder bekannt waren. Aus der Legende ist erkennbar, dass es bei der Erstellung um Darstellung von Besitzständen, aber auch ungeklärten Besitzverhältnissen geht und die Karte wohl für eine anstehende oder laufende Rechtsstreitigkeit erstellt wurde.

Was ist hierauf Interessantes zu erkennen:

  • weder im Dorf noch bei der St. Stephanus-Kirche gab es damals eine Brücke
  • auch deutlich erkennbar bei der St. Stephanus-Kirche ist das Gebäude des früheren Frauenklosters
  • es sind wohl noch viele der Gebäude eventuell vom 30jährigen Krieg (1618-1648) her beschädigt / „ruinös“
  • die Ammersüdhänge waren durchgängig Weingärten
  • mitten im Schlosshof war ein Schöpfbrunnen
  • es gibt zu der Zeit noch beide Schlösser
  • die Schlossscheuer war damals schon einmal abgebrannt gewesen
  • das Gebäude wird hier allerdings interessanterweise als ebersteinisches (weiteres) Schloss bezeichnet

Legende („Repertorium über den Boltringischen Grundriß“), übertragen mit Hilfe von Reinhold Bauer, Entringen, Überschrift: „Grundriß und Entwurf der Atustation (Situation?) des hochgräflich wolkensteinischen Lehenbar und teils eigenen Schlossgebäude, und dieser zu Poltringen ordentlich mit Ziffern angezeigt den 28. Septembris 1695“

  1. Schloss – „Das österreichische Lehensschloss samt seinem zugehörigen Wassergraben“
  2. Türmchen / Mauerecke (zweimal) – „Drei alle Rondell in dem Einfang des Allody und dessen Hofraitte“
  3. Schlosscheuer (Ruine) – „Das abgebrannte ebersteinische Schloss, so Württemberg bespricht“
  4. Amtshaus – „Das steinerne Amtshaus und Pferdestallungen so auch mit Württemberg strittig“
  5. Mühle – „Die Mahlmühl welche Württemberg in sein Lehen sich tendiert“
  6. (heute) Wohnhaus Mühlenbesitzer – „Die ruinose Fruchtscheuer und S: V: (?) Viehstall“
  7. Waschhaus – „Das Waschhaus“
  8. Brunnen – „Der Schöpfbrunnen“
  9. Türmchen – „Das Schlosstor“
  10. Südlicher Schlossgarten – „Der Blumengarten“
  11. Östlicher Schlossgarten – „Der Küchengarten zum österreichischen Lehenschloss gehörig“
  12. Banngarten Richtung Dorf – „Der Baumgarten zum österreichischen Lehenschloss gehörig“
  13. Aible – „Der Wiesplatz und Acker, das Aible genannt zum österreichischen Lehenschloss gehörig“
  14. Keller – „Der österreichische lehenbare Keller“
  15. Wiesen westlich des Kellers – „Ein württembergischer Hofacker“
  16. Banngarten Richtung Reusten – „Allda soll vor alters her der Ammerbach gelaufen sein“
  17. Hottenbergweinberg – „Der Rebgarten am Schlossberg per dreieinviertel Morgen an welche die lehenbaren österreichischen Reben einstmals gesucht werden wollen“
  18. Taläcker – „Ein öder Felsen auf dem alten Kelterplatz“
  19. Schafstall – „Die eigentliche Haferscheuer und Schafsstallungen ganz ruinos“
  20. Schlossweinberg – „Der Rebberg genannt Kaiser, welchen die mehrere für die österreichischen Lehen Reben halten wollen, desgleichen mit No. 17 in dubio“
  21. Banngarten – „Der eigene Baumgarten oder sogenannte Bangrat von sechs Mannmahd“
  22. Ammer – „Der Ammerbach, welcher in den österreichischen Lehensbriefen per errorem der Neccar genannt wird“
  23. St. Stephanus-Kirche / 23 ½ Frauenkloster – „Die obere Kirch und alte Pfarr zu denen drei Dörfern Poltringen, Oberndorf und Raisten“ / „Das alte eigene sogenannte Nonnenhaus dabei, samt zugehörigem Garten“
  24. Kirchweg nach Oberndorf – „Der Weg auf Oberndorf“
  25. Rathaus – „Das Rathaus und Gefängnis zu Poltringen“
  26. (altes) kath. Pfarrhaus – „Der Pfarrhof, welchen dato bei 25 Jahren der lutherische Predikant bewohnt“
  27. St. Klemens-Kirche – „Die Capellen St. Clement, welche gedachter Predikant innehat, und darinnen der lutherischen Gemeinde Raisten alle Sonntag die Nachmittag Predigt verrichtet”
  28. Kaplaneihaus – „Das Caplanneyhaus, darinnen dato der katholische Priester und Pfarrer wohnt, sehr ruinos“
  29. Backhaus – „Die eigentümlich Backküche zu Poltringen“
  30. Äcker südlich der Ammer – „Nebst dem Schloss gelegene eigene Herrschaftsäcker zum sogenannten Fronhof“
  31. Weg nach Oberndorf – „Der untere Weg nach Oberndorf“
  32. Oberndorf – „Der Flecken Oberndorf“
  33. Bergschloss – „Das Ehingsche dato Pistorische Schlössl“
  34. Reusten – „Das lutherische Dorf Raisten, dessen Inwohner die lutherische Predigt zu Poltringen besuchen“
  35. Unterjesingen / Pfäffingen – „Das lutherische Dorf Pfäffingen von ungefähr 20 Inwohner, ist mit einer sonderen Pfarr versehen, und von Württemberg Lehen an die von Gültlingen, dato aber des Hauptmann Pistori Pfandschilling per 6000 Gulden“

Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter