Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Poltringer Bürgermeistermörder?“

Im Jahr 1657 kam es zu einem Tötungsdelikt durch einen Poltringer, der aufgrund der besonderen Tatsituation nicht nur Gerichte, sondern auch Gutachter beschäftigte. Was war geschehen?

Der Poltringer Hans Rothfelder war an einem Markttag in (Unter-) Jesingen und mischte sich in eine Schlägerei zwischen Hans Arnold, einem Weber, und Jacob Mesinger, einem Küfer, ein. Warum er das tat, war (auch damals schon) nicht ermittelbar. Um Frieden zu stiften kam der Jesinger Bürgermeister Hans Rebstock dazu und versuchte die Streitenden, es waren weitere Männer beteiligt und auch Waffen wie Degen und Messer im Spiel, zu trennen. In der darauffolgenden Auseinandersetzung tötete Rothfelder dann den Bürgermeister, mit dem er vorher keinen Streit oder Ähnliches hatte, mit einem Degenschlag auf den Kopf.

Im Prozess argumentierte sein Verteidiger mit Notwehr, da Rothfelder von Mesinger, der ein Messer führte, leicht an der Hand verletzt und selbst angegriffen sowie vom Bürgermeister mit einem Stock geschlagen wurde. Auch ist überliefert, dass der Freiherr von Wolkenstein, der damalige Poltringer Ortsherr, sich schriftlich für den noch jungen Rothfelder verwendete, der bisher ein unbescholtenes Leben geführt hatte.

Es gibt heute nur noch die beiden Gutachten („Consilium“), die das Gericht zu diesem Fall einholte. Das erste ist von zwei Tübinger Rechtsanwälten, die nicht zur Universität gehörten. Diese plädierten für eine Hinrichtung des Rothfelders wegen Tötung eines Dritten und Notwehrexzesses. Das zweite schrieb dann ein Tübinger Professor. Er sprach sich für eine mildere Strafe aus und schlug 5 Jahre Militärdienst vor. Dass es zwei Gutachten gab, könnte auch daran gelegen haben, dass Poltringen und Jesingen in zwei unterschiedlichen Herrschaftsgebieten und Konfessionsbereichen, evang. Württemberg und kath. Hohenberg-Habsburg, lagen und damit auch zu unterschiedlichen Rechtssphären. Damit hatte ja ein andersgläubiger Ausländer einen württembergischen Amtsträger getötet, was sicher auch zu politischen Spannungen führte. Wie der Prozess ausging, ist leider nicht überliefert.

Quelle: Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 209 Bü 1917 bzw. Buch „Making Manslaughter: Process, Punishment and Restitution in Württemberg and Zurich, 1376-1700“ von Susanne Pohl-Zucker von 2017, Seiten 154-159

Wer hierzu vertiefende Informationen beitragen kann oder andere Geschichten als „Fundstücke“ beitragen möchte, kann sich gerne bei unserer AG melden (heimatgeschichte ät hwv-ammerbuch punkt de).

Für die AG „Poltringer Ortsgeschichte“, Boris Dieter