Funde aus der Poltringer Ortsgeschichte – „Die Poltringer Grenzsteine und die historische Gemarkungsgrenze“

Aus dem neuen „Grenzstein-Refugium“ am Ortsrand von Entringen sind mittlerweile weitere Aktivitäten entstanden, wie die digitale Erfassung der alten Gemarkungsgrenzen der Ammerbucher Ortsteile (GPS-Dateien auf Homepage Bürgerverein Ammerbuch) und die begonnene Transkribierung der Grenzbeschreibungen meist aus dem 18. Jahrhundert. Man kann nun mittels z.B. Google Maps die alte Poltringer Gemarkungsgrenze auf 13,8 km (= „Summa 2968 Ruthen, 3 Schue, 9 Zoll“) erwandern und diese mit der Grenzbeschreibung von 1767 (Titel: „Des gemeinen Fleckens allda gantzen Zehenden – Bezircks Zwäng und Bänn Beschreibung“) nachvollziehen. Das Dokument ist eines von nur einer Handvoll Dokumenten, die älter sind als der Brand des Poltringer Rathauses 1783, dem das komplette Ortsarchiv zum Opfer fiel. Von den dort genannten 98 Haupt-Grenzsteinen und ähnlich vielen „Läufern“ (Zwischengrenzsteine) gibt es aber nur etwa 40.
Der Poltringer Grenzstein Nr. 1 stand in der Nähe des Käsbaches am Schopfenloch zwischen den heutigen Schienen der Ammertalbahn und dem dortigen Regenrückhaltebecken. Er war wohl deswegen als Nr. 1 gewählt worden, da er als „Dreimärker“ besonders schön war und auf allen Seiten Inschriften trug: Richtung Poltringen mit einem Eber als Poltringer Fleckenzeichen und einer „1“, gegen Entringen mit einer Ente als deren Fleckenzeichen, gegen Pfäffingen mit einem Adler als Wappenzeichen der Familie von Gültlingen und auf der vierten Seite mit dem Wappenzeichen der Familie von Ehingen, Besitzer des Bergschlosses Oberpoltringen, einem doppelten Winkelhaken. Der Grenzstein war gleichzeitig auch der Grenzstein Nr. 8 der Entringer Grenzbeschreibung und Nr. 104 der Pfäffinger Grenzbeschreibung.

Weiß jemand etwas über seinen Verbleib? Beim Ablaufen der Gemarkungsgrenze waren leider weder der Grenzstein Nr. 1 noch die weiteren 21 vor 250 Jahren beschriebenen Grenzsteine und zusätzlichen Läufersteine zu finden. Diese markierten den Grenzverlauf vom Käsbach, östlich am Poltringer Wasserwerk und Lidl vorbei, mittig durch den hinteren Pfäffinger Sportplatz an die Ammer auf Höhe der Pfäffinger Straße „Biegenmühle“ und dann lange an der Ammer entlang Richtung Poltringen. Dort überquert die Gemarkungsgrenze die heutige Ammer und läuft Richtung Heidenwald den Berg hinauf. Der erste Grenzstein, der auffindbar war, ist auf der südlichen Ammerseite auf halber Strecke zum Heidenwald im Gewann „Lichtenberg“ der Grenzstein Nr. 22.
Im Heidenwald finden sich mehr Grenzsteine und Läufer, aber auch nicht mehr alle. Besonders schade ist, dass es den „Viermärker“, an dem sich die Grenzen von Poltringen, Pfäffingen, Wendelsheim und Oberndorf trafen, im Waldgewann Vogelsang ebenfalls nicht mehr gibt. Auch zwischen Heidenwald und Reusten gibt es nur noch zwei von früher etwa 30 Grenzsteinen. Diese beiden stehen rechts und links der Landstraße nach Oberndorf am Ende der Steigung. Von dort bis zum Beginn der Gemarkungsgrenze zu Entringen war überhaupt kein Grenzstein oder Läufer von früher etwa 80 auffindbar. Insgesamt gibt es von den 98 Haupt-Grenzsteinen nur noch 19. Von den 148 Läufern sind nur noch 25 auffindbar. D.h. circa 200 Grenzsteine und Läufer sind von 1767 bis heute verschwunden.
Auffindbar sind die Grenzsteine zum einen wegen der Lage direkt auf der Gemarkungsgrenze und zum anderen durch den in der Grenzbeschreibung aufgeführten Abstand zum vorhergehenden und nächsten Grenzstein in „Ruthen“ (altwürttembergische Rute mit ca. 4,6 m = 16 Schuh) und „Schuen“ (württembergischer Schuh mit ca. 0,29 m = 12 Zoll).

Für die AG „Poltringer Heimatgeschichte“

Boris Dieter

Grenzstein an Grenze zwischen Poltringen und Pfäffingen Richtung Heidenwald mit dem Alt-Wolkensteinischen Wappen (Wappenschild viergeteilt: Wolken- und Bergspitzensymbol) und oben der Nummer „22 (=ZZ)“, Alter unbekannt (sicher vor 1700), Bild: B. Dieter, Mai 2023